Montag, 9. Juli 2012








09.07.12
Auf dem Weg zum Einkaufen - einem Weg von max 15 Radminuten - traf ich meine Kolkraben wieder. Nur ließen sie sich nicht fotografieren. Sie waren ganz friedlich mit einer Schar Krähen unterwegs. Auf dem restlichen Weg traf ich Kühe, Wildgänse, Habichtpaar, Taubenschar und mich. Und als mein Fokus sehr zentriert war - sah ich direkt vor mir ein seltsames Pärchen: einen Marienkäfer und einen Grashüpfer. Beide krabbelten am selben Halm, einander nahe, den Halm rauf, um ihn herum und runter und ließen einander dort sein, wo jeder grad war, blieben aber auf "Rufweite", also nie weiter als zwei Zentimeter voneinander entfernt. Die sind bestimmt befreundet oder verliebt ineinander.

Las heut etwas über die narzistische Persönlichkeitsstörung. Und frage mich, ob vielleicht eine Gesellschaft in einer Phase starker Krisenhaftigkeit und oder totalitärer Machtstrukturen, eine Gesellschaft also, in der die Menschen das Gefühl haben, nicht mehr Gestalter ihres Lebens zu sein,  und sich wie ein Spielball der Mächte fühlen, ob also in solcher Zeit der Hang zum narzistischen Größenwahn, gepaart mit Mitgefühllosigkeit noch besonders befördert wird. In einer Zeit auch medialer Omnipräsenz und massiver Fütterung mit Heldenbildern und Idealtypen, einer Normierung auf: Schön, stark, reich, einflussreich, magisch und besonders. Besonders vor allem. Koste es was es wolle.

Dann las ich im aktuellen "Spiegel" über einen Architekten, der von der Presse zu den 30 weltweit wichtigsten jungen Architekten gezählt wurde, der aber bis dato noch kein einziges Haus gebaut hat, der geschickt gemachte Computer-Entwürfe als Fotos gebauter Häuser veröffentlichte. Schöne Entwürfe, sicher. Nur, nichts davon ist oder wird womöglich realisiert. Er verkauft es nur so, als sei es real. Konfrontiert sich nicht mit der Realität, mit der realen Umsetzung und all ihren Unwägbarkeiten... sondern lebt, als sei die Illusion perfekt. Wieder eine narzistische Prägung - und noch eine der harmlosen Art.

Dann las ich von einem Autor, der ein Buch über das Mittelalter schrieb, über die Lebenswelt dort. Und er beschrieb sie im Interview als ausgesprochen mitgefühllos und gewalttätig. Wobei ich denke, auch damals wurde über Klöster und Beginenhöfe das Mitgefühl institutionalisiert, wie heut auch. Im Interview vermisste ich die Eingrenzung: Von welcher Zeit genau sprach er. Das Mittelalter war lang! Aber wie auch immer...ich denke darüber nach, welche Antworten auf unsere Gegenwart die anhaltende Faszination fürs Mittelalterflair offenbart... das bewege ich noch.

Und ich? Ich tue auch grad so, als würde sich meine Arbeit von allein schreiben...... nur dass ich deshalb nun nicht besonders besonders bin - oder? ;-)

Der Einkaufsweg tat unsäglich gut.
Und nun gehe ich doch noch an die Arbeit!!!

Der Moment auf meiner Wiese. das Eintauchen in die Stille. Das Ankommen bei einem ungleichen Paar: Käfer und Grashüpfer. Still werden. Und gar nichts wollen müssen. Das tut einfach gut

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